Sprachförderbedarf und Geschlecht in der Region Hildesheim: Perspektiven für interprofessionelle Kooperation in der Sprachförderung

Vor dem Hintergrund bekannter Geschlechterunterschiede in den Sprachkompetenzen von Kindern untersuchen wir seit 2023 bundesweite und regionale Daten zu Geschlechterunterschieden im Sprachförderbedarf von Kindern vor Schuleintritt. Erste Recherchen konnten im Pilotprojekt Sprachförderbedarf und Geschlecht in der Region Hildesheim: Erhebung einer Datengrundlage im Bereich der Frühen Bildung durchgeführt werden.

„Die Erkenntnis, dass geschlechtsspezifische Einstellungen nicht nur die Wahrnehmung beeinträchtigen, sondern sogar zu problematischen Entwicklungen im Bereich sprachlicher Kompetenzen beitragen können, unterstreicht die soziale Relevanz dieses Projekts. Es ist ermutigend zu sehen, dass das Projekt nicht nur eine differenzierte Analyse der Daten anstrebt, sondern auch darauf abzielt, regionale Einrichtungen mit diesen Erkenntnissen zu versorgen“ – Prof. Dr. Anja Henningsen (FH Kiel)

Darauf aufbauend setzt das Projekt Sprachförderbedarf und Geschlecht in der Region Hildesheim: Perspektiven für interprofessionelle Kooperation in der Sprachförderung (PIKS) an einer wichtigen Schnittstelle zwischen Bildungs- und Gesundheitssystem an und recherchiert Daten zu Sprachförderbedarf aus Kitas, Schuleingangsuntersuchungen des Gesundheitsamtes und Krankenkassen. Dabei wird eine geschlechterdifferenzierende Herangehensweise verwendet, um Daten zu Kindern im Vorschulalter zu gewinnen und darauf aufbauend Perspektiven für interprofessionelle Kooperation auf regionaler Ebene zu entwickeln. Die Ergebnisse des Vorhabens dienen als Grundlage für weiterführende Forschungsvorhaben sowohl in der Region als auch auf nationaler und internationaler Ebene. Sie werden außerdem in die Lehre in den beteiligten Studiengängen sowie in regionale Kooperationen und Netzwerke eingebracht.

Forschungsvorhaben

Die Förderung von Sprachkompetenzen in der frühen Kindheit ist eine wichtige gesellschaftliche Aufgabe und daher als gesetzlicher Auftrag von Kindertageseinrichtungen im niedersächsischen Gesetz für Kindertagesstätten (NKitaG 2021) festgeschrieben. Die Umsetzung dieses Auftrages erfolgt auf regionaler Ebene über die Landkreise und Kommunen, die entsprechende Konzepte für ihre Einrichtungen entwickeln. Bei Störungen und Verzögerungen der Sprachentwicklung ist eine Zusammenarbeit mit sprachtherapeutischen Einrichtungen erforderlich. Aktuelle Studien weisen darauf hin, dass ein erheblicher Anteil der Grundschulkinder Defizite im Bereich der sprachlichen Kompetenzen aufweist (McElvany et al. 2023). Der erhebliche Anteil von Kindern mit Sprachdefiziten bei Schuleingangsuntersuchungen (Niedersächsisches Landesgesundheitsamt 2023) sensibilisiert dafür, dass diese Defizite ihren Ursprung oftmals in einer verzögerten oder gestörten Sprachentwicklung in den ersten Lebensjahren haben.


Im Zeitraum April 2024 bis Dezember 2025 erfolgt eine differenzierte quantitative Auswertung regionaler Daten mit Blick auf Zusammenhänge von Geschlecht, Mehrsprachigkeit, Migration und Sozialer Lage. Außerdem werden Expert:innengespräche mit Expert:innen in regionalen Einrichtungen geführt (Gesundheitsämter, Krankenkassen). Diese Ergebnisse werden dann Erhebungen in Kindertageseinrichtungen gegenübergestellt werden. Durch die Auswertung von Beobachtungsbögen zur Sprachentwicklung (KEA) in ausgewählten Einrichtungen sowie durch Gruppendiskussionen mit Expert:innen und Kita-Fachkräften wird die bislang fehlende pädagogische Perspektive in den Fachdiskurs zu Geschlechterunterschieden im Förderbedarf eingebracht.

Forschungsgruppe und Kooperation

Ausgangspunkt unserer Vorhaben zum Thema ist die Forschungsgruppe „Sprachbildung und Geschlecht in der Kindheit“, eine Kooperation der Fakultät Soziale Arbeit und Gesundheit der HAWK mit dem DialogWerk Braunschweig und KEA / Universität Hildesheim. Die Forschungsgruppe trifft sich zweimal jährlich zum Austausch und zur Entwicklung neuer Vorhaben und ist offen für weitere Interessierte.

Preis für Genderforschung

Im Januar 2024 erhielt das Pilotprojekt Sprachförderbedarf und Geschlecht in der Region Hildesheim: Erhebung einer Datengrundlage im Bereich der Frühen Bildung den HAWK-Preis für Genderforschung. Mehr Informationen: Pressemeldung

Publikationen und Tagungen

Erste Ergebnisse des Pilotprojekts stehen im Zwischenbericht zur Verfügung.

Ein Buchprojekt zum Thema Sprache und Geschlecht in der frühen Bildung ist für 2025/26 in Vorbereitung.

Projektergebnisse wurden auf zwei internationalen Tagungen präsentiert:

Rohrmann, Tim (2024). Gender perspectives on language development and support in ECEC. Paper presented on the 32nd Annual EECERA Conference, Brighton/United Kingdom, 4.9.2024.

Rohrmann, Tim (2024). Gender differences in language delay and disorders in the early years. Paper presented on the Conference Cha(lle)nging Childhoods: Reimagine Childhood in Uncertainty and Inequality, Istanbul/Türkiye, 27.6.2024.